Liebe Leserin, lieber Leser
«Wer das Lied nicht liebt, hat eine Seele schwarz wie Kohle». Der romanische Aphorismus von Men Rauch (romanischer Liedermacher, Autor und Kabarettist 1888-1958) gilt, wenn man ihn aus seiner Entstehungszeit betrachtet, sicher auch für die Musik und speziell für die Blasmusik.
Seit gut zwei Jahren übersetze ich Texte für den Schweizer Blasmusikverband ins Rätoromanische. So präsentiert sich der Verband als Landesverband, der die Mehrsprachigkeit der Schweiz achtet und lebt.
Als Sprachwissenschaftler und zweisprachige Person habe ich mich während meiner Berufskarriere mit dem Rätoromanischen, der Mehrsprachigkeit und mit Übersetzungen beschäftigt, vor allem in der Lehrerbildung und in Projekten zu Förderung des Rätoromanischen.
Musik und Sprache sind künstlerische und kommunikative Ausdrucksformen. Ein Instrument spielen oder singen ist ebenso wie sprechen oder schreiben die reale Umsetzung dieses Ausdrucks. Zwischen dem Interpretieren eines Musikstücks und dem Übersetzen eines Texts gibt es Parallelen. Ebenso bestehen Ähnlichkeiten zwischen der Interpretation eines Stücks mit verschiedenen Instrumenten und der Übersetzung eines Texts in eine andere Sprache. Das Übersetzen ist so auch nach meiner Pensionierung immer noch eine schöne, unterhaltsame und oft anspruchsvolle Herausforderung.
Ich bin in einer Familie mit viel Gesang und Musik aufgewachsen. Mein Grossvater war Dirigent, Komponist und Volksmusiker, zwei Onkel und mein Bruder haben viel musiziert und tun es teilweise heute noch.
Meine eigenen Musikaktivitäten in der Blasmusik waren bescheiden und endeten schon vor vielen Jahren. Ich habe in der Jugendmusik von Bergün Trompete gespielt. Während des Gymnasiums musste ich mich zwischen Musik und Eishockey entscheiden und habe den Sport gewählt.
Während des Studiums habe ich wieder einige Jahre in der Musikgesellschaft Bergün/Bravuogn mitgespielt, einem Verein, der vor mehr als 150 Jahren gegründet wurde. In diesen Jahren spielte ich Trompete, Euphonium und Bass. Eines der Highlights dieser Zeit war der Kontakt mit einem Blasmusikverein aus dem Piemont. Bei den gegenseitigen Besuchen der beiden Vereine in Bergün und in Quarna über dem Lago d’Orta hat sich die Blasmusik für mich zum ersten Mal mit den Sprachen verbunden. Als Student mit Hauptfach Italienische Sprache und Literatur hatte ich bei diesen Begegnungsfesten die schöne Aufgabe, als Übersetzer und zweisprachiger Moderator Italienisch-Deutsch die Verständigung zwischen den Angehörigen der beiden Vereine zu gewährleisten und zu fördern. Für die musikalische Verständigung war keine Übersetzung nötig, diese war und ist universell!
Als Übersetzer freue ich mich, auch in Zukunft etwas zur Präsenz des Rätoromanischen innerhalb des Schweizer Blasmusikverbands beitragen zu können.
