Der SBV setzt seine kulturelle Wende fort

Porträt von Luana Menoud-Baldi
Das Jahr neigt sich dem Ende zu, und das ist beim Schweizer Blasmusikverband (SBV) der Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz. Luana Menoud-Baldi berichtet über die noch laufenden Grossprojekte und hat auch schon das nächste Eidgenössische Musikfest im Blickfeld, das 2026 in Interlaken stattfinden wird.

Verbandskultur, Ausbildungsreform, «Gemeinsam vorwärts» und die mit der SRG SSR eingerichtete Plattform sind die Projekte, an denen der SBV derzeit arbeitet – ganz im Sinne der Ende 2021 von der Geschäftsleitung geäusserten Absicht, «den SBV in Fahrt zu bringen» (siehe unisono 2/2022). Und wie sieht es heute aus, zwei Jahre später?

Für alle tragfähige Lösungen

«Ja, der SBV hat sich eindeutig in Bewegung gesetzt», bestätigt SBV-Präsidentin Luana Menoud-Baldi. Zentral ist in ihren Augen, dass die Verbandsleitung den Mitgliedern und den Musikvereinen zuhört. Das Prinzip der Nähe und des Zuhörens funktioniert. «Mit diesem Ansatz – Konkretisierung der Verbandskultur – gelingt es, die Schweizer Blasmusikwelt hinter dieser Bewegung zusammenzuscharen und bei ihren Mitgliedern einen gesunden Stolz auf das Dazugehören zu wecken», fährt Luana Menoud-Baldi fort.

Durch die verstärkte Präsenz der Verbandsleitungsmitglieder «im Terrain» wurde die Kluft überwunden, die noch vor zwei Jahren zwischen der Basis und den Organen des SBV zu spüren war. Diese Arbeit muss auch die Musikkommission des SBV im Auge behalten. «Sie leistet in vielerlei Hinsicht eine Herkulesarbeit, doch muss sie – was sicher nicht immer einfach ist – bei all ihren Schritten tragfähige Lösungen für unsere Mitglieder, für jede Musikantin und jeden Musikanten finden», so die Präsidentin.

Kantonale Souveränität

Hier setzt die Ausbildungsreform an. Dieses Projekt soll mehr Nähe zwischen der Musikkommission des SBV und den kantonalen Musikkommissionen schaffen, insbesondere über die regionalen Kompetenzzentren, die noch eingerichtet werden müssen. Je schneller dies geschieht, umso besser, doch die Aufgabe ist gewaltig. Der nationale und regionale Zusammenhalt wird dadurch weiter gestärkt, wobei viele Parameter berücksichtigt werden müssen. «Wir müssen mit einem klaren Zeitplan arbeiten und zugleich die Zeitpläne der Kantone respektieren, die ihre Verwaltungssouveränität besonders in ihren Beziehungen zu den Musikschulen und Konservatorien behalten», betont Luana Menoud-Baldi.

Thomas Trachsel bei einer Präsentation
Thomas Trachsel stellte die Ausbildungsreform an der letzten Mitgliederratskonferenz vor.

Es ist also ein modulares Konzept: Alle können daraus nehmen, was sie brauchen. «Derzeit höre ich von Befürchtungen, man müsse sich ungeachtet der Situation in den einzelnen Kantonen einer aufgezwungenen Vereinheitlichung beugen. Diese Befürchtungen möchte ich hier ausräumen», betont die Präsidentin. «Die Idee ist vor allem, die musikalische Ausbildung auf eine solide Grundlage zu stellen und sie überall zugänglich zu machen, durch eine möglichst gute Zusammenarbeit mit den Musikschulen, damit sie Musikantinnen und Musikanten aus unseren Reihen ausbilden, die dann in die Vereine zurückkehren. Kurz, wir wollen eine «Win-Win»-Situation schaffen.»

Anerkannter Kulturakteur

«Dieses didaktische Reformprojekt soll unsere Musikvereine, unsere Aus- und Weiterbildung und die Zusammenarbeit stärken, ob regional oder unter Einbezug externer Ausbildungsinstitutionen. Zunächst müssen wir jedoch unser Modell umsetzen und intern verankern», fasst Luana Menoud-Baldi zusammen. Auf diesem Weg werden sich auch die musikalischen Gremien des SBV den Musikantinnen und Musikanten annähern, die letztlich den Schweizer Blasmusikverband ausmachen.

Ausserdem nimmt diese Amateurszene – Amateur im besten Sinne des Wortes – in unserem Land einen wichtigen Platz ein. «Wir haben miterlebt, welche Leere entstand, als sie während der Pandemie stumm bleiben mussten», erinnert Luana Menoud-Baldi. Die Blasmusikbewegung spielt gesellschaftlich, wirtschaftlich und natürlich kulturell eine entscheidende Rolle. Diese hat nun an Bedeutung gewonnen, da der SBV sich aktiv an der Vernehmlassung zur Kulturbotschaft 2025-2028 des Bundes beteiligen konnte – ein unbestreitbares Zeichen der Anerkennung. «Wir werden nun als Akteur der Schweizer Kulturszene wahrgenommen», freut sich die Präsidentin womit sie auch die Dankbarkeit des SBV gegenüber den Behörden ausdrückt. Der neue Status legitimiert sie denn auch, ihren Unmut über die lückenhafte Anwendung von Artikel 67a der Bundesverfassung zu artikulieren. «Das Volk hat abgestimmt, die Musik muss an den Schulen präsenter sein. Hier müssen auch die Kantone Verantwortung wahrnehmen», ergänzt Luana Menoud-Baldi. Diesem Anliegen war der Besuch der kantonalen Delegationen bei Nationalratspräsident Martin Candinas gewidmet.

Delegationsbesuch bei Martin Candinas
Die kantonalen Delegationen haben Nationalratspräsident Martin Candinas besucht.

Nicht zu vergessen ist das Programm Jugend und Musik: Es muss unbedingt auf das Niveau von Jugend und Sport gehoben werden, doch müsse «jeder Verein selbst schauen, dass er mindestens eine Betreuerin oder einen Betreuer habe», erklärte die Präsidentin, und «der Zugang dürfte nun einfacher sein, da er in den Anfänger-Dirigierkurs integriert ist. Diese Chance sollten wir nutzen, wenn wir auch noch andere Wege suchen müssen».

«Kompetenzen holen, wo sie vorhanden sind»

Der SBV setzt seine kulturelle Wende also fort. Die Verbandsleitung wird nun mit einem Fragebogen in Erfahrung bringen, wie die von ihr geschaffenen Angebote und Dienstleistungen ankommen. Doch neben dieser Temperaturmessung bei den Mitgliedsverbänden bzw. deren Vereinen geht es auch darum, aus einer sinnvoll definierten Zusammenarbeit mit den Fachverbänden den grösstmöglichen Nutzen zu ziehen. «Wir müssen die Kompetenzen holen, wo sie vorhanden sind, und dabei jeden Einzelnen respektieren», erklärt Luana Menoud-Baldi. Dies ist ein integraler Bestandteil des Projekts «Gemeinsam vorwärts!».

Die Zusammenarbeit wird nur funktionieren, wenn jeder Verband sich dort positioniert und aktiv wird, wo er etwas beitragen kann. «Man muss – ohne hierarchische Anspielung – unterscheiden zwischen Verbänden mit nationaler Reichweite und denen, die auf kantonaler Ebene arbeiten. Alle sind wichtig, doch die Effizienz ist nur spürbar, wenn die Massnahmen klar ausgerichtet sind», nuanciert die Präsidentin. Es wird darum gehen, eine Arbeitsweise zu finden, die alle Sensibilitäten berücksichtigt, um das gemeinsame Ziel zu erreichen und die Blasmusik zu fördern, indem wir uns auch anderen Schweizer Musikverbänden öffnen.

Hinzu kommt das in Zusammenarbeit mit der SRG SSR erarbeitete Projekt, das die Sichtbarkeit der Blasmusik erhöhen soll (siehe Artikel über die Mitgliederratskonferenz in der Ausgabe 11/23). «Durch die Teilnahme an unserer letzten Delegiertenversammlung ist Gilles Marchand ganz in unsere Welt eingetaucht», freut sich Luana Menoud-Baldi auf die Zusammenarbeit mit der nationalen Plattform unter der Leitung von Jean-Marc Richard.

Gilles Marchand und Luana Menoud-Baldi
Gilles Marchand war bei der letzten SBV-Delegiertenversammlung anwesend und tauchte in die Welt der Blasmusik ein.

In diesem Sinne sieht der SBV auf das Jahr 2026 und das nächste Eidgenössische Musikfest: neues Image, neue Dynamiken und neue Zusammenarbeit zwischen dem SBV und dem Organisationskomitee. Damit die Blasmusik noch mehr Leben ausstrahlt und damit alle Musikantinnen und Musikanten stolz sind, sie mit Leben zu füllen.

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