BDV-Vorstandsmitglied Ernst May hat an einem Seminar auf das Arbeitsrecht für Dirigentinnen und Dirigenten hingewiesen. Es geht nicht nur um Lohnbeiträge an die AHV.
Sobald ein Verein einen Dirigenten oder eine Dirigentin anstellt, ist er auch Arbeitgeber. Entgegen landläufiger Meinung braucht es dazu keinen schriftlichen Arbeitsvertrag. Denn wer für jemanden Arbeit verrichtet, für die üblicherweise Lohn erwartet wird, hat auch ohne expliziten Arbeitsvertrag Anrecht darauf.
Lohn und Sozialversicherungen
Der Verein geht bei einer Anstellung unter anderem folgende Verpflichtungen ein:
- Ausstellen eines Lohnausweises. Die Arbeitnehmenden haben die Bezüge in ihrer Steuererklärung als Einkommen oder als Nebenerwerb zu deklarieren.
- Beiträge für AHV, IV, EO und Arbeitslosenversicherung. Wichtig dabei: Der Lohn vor Abzug der AHV beträgt stets 100%, auch wenn Nettozahlung vereinbart ist. Dann beträgt der Lohn 93,775% und ist auf 100% aufzurechnen. Die Arbeitgeber (Vereine) sind verpflichtet, die Hälfte des Beitrags vom Lohn abzuziehen und zusammen mit ihrem gleich hohen Anteil an die Ausgleichskasse zu überweisen.
- Versicherung gegen Berufsunfall. Arbeitnehmer mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 8 Std. beim gleichen Arbeitgeber sind nur gegen Betriebsunfälle versichert. NBU-Beiträge müssen entrichtet werden bei mindestens 8 Std. Arbeitszeit/Woche (was etwa einem 20%-Pensum entspricht). Zu beachten ist, dass die Arbeitszeit nicht nur aus der Probe besteht. Je nach Schwierigkeitsgrad sind 1,7 (Ensemble) bis 3,4 Arbeitsstunden (Höchstklasse) pro Probestunde zu rechnen. Eventuell macht eine freiwillige Krankentaggeldversicherung Sinn (Prämie ca. 15 bis 20 Franken monatlich).
- BVG: Die zweite Säule ist ab einem bestimmten Minimallohn obligatorisch. Es gibt teilweise Vereinbarungen der Arbeitgeber mit den Pensionskassen, in denen die Eintrittsschwelle gesenkt wird. Dies ist für viele Musikerinnen und Musiker, die Mehrfachbeschäftigungen nachgehen, von Bedeutung. Mehrfach Beschäftigte können sich bei der Pensionskasse Musik und Bildung versichern: musikervorsorge.ch
Weitere Pflichten
Mit dem Lohn und den Sozialversicherungen ist es aber noch nicht getan. Jeder Verein hat als Arbeitgeber weitere Pflichten, wie:
- Ein jährliches Mitarbeitergespräch sollte normal sein. Hier geht es um die allgemeine Zufriedenheit: Fühlt sich der Dirigent wohl im Verein? Funktionieren Kommunikation und Zusammenarbeit mit Vorstand und Musikkommission? Ein Rückblick kann sich lohnen, wenn musikalische Ziele, Probenbesuch und individuelle Vorbereitung der Mitglieder angesprochen werden. Wichtig ist der Ausblick: Was will der Dirigent erreichen? Deckt sich das mit den Vereinszielen oder den Vorgaben der Muko? Auch der Lohn soll einmal pro Jahr ein Thema sein (nicht unbedingt am Mitarbeitergespräch).
- Feedback-Kultur: Das Mitarbeitergespräch wurde bereits thematisiert. Doch wer ist in der Lage, eine fachliche Beurteilung abzugeben? Wer tritt als Chef auf? Der Vereinspräsident oder die Muko-Präsidentin? Das ist zu klären. Braucht es eine Supervision? Der BDV bietet seinen Mitgliedern ein exklusives Coaching an, das genau auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten ist.
- Arbeitszeugnis: Auf Wunsch der Dirigentin hat der Verein jederzeit ein Arbeitszeugnis auszustellen, ebenso nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Zu beachten ist zudem, dass es bei gewissen Abzügen Freigrenzen gibt und die Abrechnung nicht in jedem Fall monatlich erfolgen muss. Die Ausgleichskassen geben gerne Auskunft. Bei der AHV existiert ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren für Arbeitgebende. Bei Anstellung von Ausländern ohne Niederlassungsbewilligung C oder ohne Wohnsitz in der Schweiz wird jeweils zusätzlich zu den vorstehend erwähnten Sozialabgaben auch die Quellensteuer zur Zahlung fällig.
Neuer Bereich auf der BDV-Website
Der BDV plant, auf seiner demnächst veröffentlichten neuen Website einen Bereich mit Hinweisen zum Arbeitsrecht zu schaffen. Mehr bald auf dirigentenverband.ch.
Quellen:
- Referatsnotizen von Ernst May
- Handbuch des Zürcher Blasmusikverbands und des Bernischen Kantonal-Musikverbands
- Merkblatt «Sozialversicherungsabgaben auf den Dirigentenlöhnen» des Aargauischen Musikverbands