BKMV-Kurs: Music for You(th)

Einblick in den BKMV-Kurs «Music for You(th)»
Der Bernische Kantonalmusikverband (BKMV) und der Verband Bernischer Jugendmusiken (VBJ) haben eine zweitägige «Jugend + Musik»-Weiterbildung unter dem Titel «Music for You(th)» durchgeführt. Theoretische und praktische Ideen einer erfolgreichen Jugendförderung im Blasmusikverein – so das Thema. Teilnehmerin Romina Günter berichtet aus ihrer Sicht.

Wird bei euch das Durchschnittsalter im Verein auch immer höher? Verstauben immer mehr Instrumente ungespielt im Keller? Damit seid ihr leider nicht allein. Wir spielen alle das gleiche Stück. Und was braucht es, wenn so viele Musikantinnen und Musikanten das gleiche Stück spielen? Eine Dirigierperson, Probezeit, Noten, Instrumente und motivierte Leute. Der BKMV und der VBJ haben uns Kursteilnehmenden die «Noten und Instrumente» gegeben und nun ist es an uns, sie zu spielen.

Was ist die Musikschule, ein Konkurrent oder Partner?

Am 2. September 2023 fand der erste Teil in Bern statt. Wie fast jeder Jungmusikant fingen wir im «Biotop Musikschule» an, mit Referent Armin Bachmann. Schnell hat sich gezeigt, dass viele von uns nur mit der Erwartung auf die Musikschulen zugehen, dass sie uns ausgebildete Musikantinnen und Musikanten zur Verfügung stellen. In vielen Köpfen war das Vorurteil, dass Musiklehrpersonen nicht wollen, dass ihre Schülerinnen und Schüler in einem Musikverein spielen und nicht an einer Zusammenarbeit interessiert sind.

Workshop mit Armin Bachmann
In seinem Workshop stellte Armin Bachmann die Musikschule und ihre Möglichkeiten ins Zentrum.

Armin zeigte uns auf, welche Töne die Musikschule wirklich spielt. Die Musikschule ist in erster Linie ein Bildungsinstitut mit der Aufgabe, Musikantinnen und Musikanten auszubilden. Damit ihr diese gelingt, müssen sie sich politisch gut platzieren und die Finanzierung sicherstellen. Viele Musiklehrpersonen arbeiten an mehreren Musikschulen und funktionieren wie eigene kleine Firmen: Sie planen, kontaktieren, üben, halten Lektionen und bilden sich weiter. Sie sind das wichtigste Kapital der Musikschule und verdienen mehr Wertschätzung und Respekt. Die Musikschule ist wie ein eigenes kleines Biotop.

Als erstes mussten wir daher unsere Einstellung korrigieren. Wir können nicht nur von diesem Biotop ernten, sondern müssen helfen, zu säen. Was können wir als Verein zur Verfügung stellen? Welche Projekte können wir gemeinsam mit der Musikschule durchführen? In Gruppen diskutierten wir und sammelten Ideen, wie wir Partner werden. Rasch zeigte sich, dass wir alle viele Ideen haben und es uns nur an Mut fehlt, mit diesen Visionen auf die Musikschule zuzugehen.

Und wenn uns der Mut für grössere Projekte fehlt, können wir auch klein anfangen:

  • Am nächsten Konzert laden wir alle Mitarbeitenden der Musikschule persönlich zum Konzert ein.
  • Wir bieten an, die Musikschule auf unserer Webseite zu verlinken.
  • Wir gehen selbst wieder einmal in eine Musiklektion, profitieren vom Fachwissen und knüpfen dabei persönliche Beziehungen.
  • Wir sprechen positiv über die Musikschule und fragen nach Flyern, die wir an unserem Konzert verteilen können.
Ideensammlung am Workshop

Mit kleinen Schritten können wir unsere Partnerschaft etablieren und gemeinsam die Zukunft unserer Musiklandschaft planen und gestalten. Wir sollen gute Ideen stehlen und säen, säen, säen, so Armins Worte.

«Community Building»

Am Nachmittag haben wir die Musikschule verlassen, um «das Stück» unserer «Community» vorzuspielen. Wie können wir «Community Building im Blasmusikverein» machen, um dem Mitgliederschwund entgegenzuwirken?

Marco Nussbaumer startete mit der Aussage: «Das Freizeitangebot ist dank der steigenden Mobilität und Digitalisierung so gross wie noch nie.» Flexibilität und Entspannung werden immer wichtigere Entscheidungsfaktoren, dank der zunehmenden Belastung und dem Wunsch nach mehr Work-Life-Balance. Zudem sind die Erwartungen der Mitglieder gestiegen und wir werden immer diverser. Das ernüchternde Resultat dieser Entwicklungen: In den letzten 25 Jahren gab es in den Musikvereinen einen Mitgliederrückgang von 38 Prozent!

Wie machen wir unseren Verein attraktiver?

Wir stellten uns folgende Fragen: Wie können wir unseren Musikverein attraktiver machen für unsere Community und neue Mitglieder gewinnen? Wieso soll jemand einem Musikverein beitreten? Wie können wir die Mitgliederbindung stärken?

Ein Alleinstellungsmerkmal oder einen «attraktiven Mix» zu finden hilft dabei, konkurrenzfähig zu bleiben. Diese «Vereinsmission» muss allen Mitgliedern bekannt sein und aktiv kommuniziert werden. Wie findet man eine Hose, wenn sie nicht Hose genannt wird? Dasselbe gilt für Neumitglieder: Wie finden sie für sich den richtigen Musikverein? Erst wenn wir unsere Identität gefunden haben, können wir von anderen gefunden werden.

Festgefahrene, altmodische Organisationsformen lassen kaum Raum für Innovationen, und allzu dichte Programme können weniger attraktiv wirken. Nur weil es immer so war, muss es nicht immer so bleiben!

Analysieren und niederschreiben

Es gibt nicht den einen, richtigen und erfolgsversprechenden Weg. Es geht darum, zu wissen, wer wir als Verein sind und was man warum möchte (und was nicht). Dies sollte anschliessend möglichst genau formuliert werden (z. B. in den Statuten und im Vereinsleitbild), um damit die Gemeinschaft zu stärken und bestenfalls zu vergrössern.

Vereinsfragen zur Identitätsfindung

  • Wie ist unser Spielniveau?
  • Welche Leistungsbereitschaft erwarten wir?
  • Was ist unsere musikalische Ausrichtung?
  • Was sind unsere musikalischen Ziele?
  • Welche Werte und Grundsätze haben bzw. leben wir?
  • Was macht uns besonders?
  • Was ist unsere Vision?
  • Gibt es Strukturen, die wir ändern oder ganz hinter uns lassen möchten?

Um die Sache noch detaillierter anzugehen, kann auch eine SWOT-Analyse gemacht werden, in der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Vereins ermittelt werden. Im Kurs haben wir unsere Statuten überarbeitet, Leitbilder verfasst und eine SWOT-Analyse gemacht. Im Raum sprühte es nur so vor Motivation.

Neue und bestehende Zielgruppen definieren

Als nächstes haben wir gelernt, wie wir die Beziehungen mit diversen Zielgruppen aufbauen und sie am Musikangebot beteiligen können, um sie so zu Botschaftern für den Verein zu machen. Dafür braucht es eine Strategie, die auf die erstrebte Community zugeschnitten ist und die Bedürfnisse, Interessen und Werte berücksichtigt. Zielgruppen können von Passivmitgliedern über Behörden bis hin zu den Eltern von Musikschülern reichen. Dabei sollte nicht vergessen werden, die Augen für neue Zielgruppen offen zu halten. Digitalisierung und Mobilität bieten auch Chancen, wenn in den bestehenden Zielgruppen keine Neumitglieder gefunden werden können!

Damit man eine Strategie erstellen kann, empfiehlt es sich, eine Stakeholder-Analyse zu machen. Wie gross ist der Einfluss – das natürliche Interesse am Verein und seine Relevanz? Überraschenderweise sahen unsere Stakeholder-Analysen ziemlich ähnlich aus. Wir waren uns alle einig, dass wir uns in der nächsten Zeit mit den Statuten, Leitbildern und Analysen beschäftigen sollten. Wichtig ist dabei, dass die Vereinsmitglieder der Kern sind. Sie sind Botschafter und säen «die Saat».

Dieser erste Tag machte uns bewusst, dass nicht nur wir das gleiche Stück spielen. Die Musikschule spielt mit. Und am Ende wollen wir auch ein Publikum (Zielgruppe), das «unser Stück» hört und dabei motiviert wird, mitzuspielen …

Instrumente für den Blasmusikverein

Am Samstag, 24. September 2023 holten wir weitere «Noten und Instrumente». Der Instrumentenbauer Frank Blaser versorgt uns mit Fachwissen zu den «Instrumenten für den Blasmusikverein». Vielleicht habt ihr auch gedacht, dass für Jungmusikanten ein altes Instrument reicht? Doch wie ist der Zustand dieses Instruments? Wie frustrierend ist es für eine Anfängerin, wenn die Intonation nie stimmt?

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Lagerbestände bewertet, die Instrumente richtig gelagert werden und eine Inventarliste geführt wird. Der Aufwand dafür ist gross, aber damit kann analysiert werden, ob die Instrumente noch alle gebraucht werden oder Personen innerhalb wie ausserhalb des Vereins das Instrument übernehmen könnten. Dies kann auch eine Chance sein, um der Musikschule oder der Bläserklasse unter die Arme zu greifen.

Lagerung und Instandhaltung von Instrumenten

Auch die Lagerung der Instrumente kann zu einer Herausforderung werden. Die Raumtemperatur sollte stabil sein und die Luftfeuchtigkeit muss zwischen 40–60 % liegen. Die Instrumente werden trocken und sauber gelagert. Für ein Blechinstrument wird eine Revision vor der Lagerung empfohlen. Ein Holzinstrument sollte dagegen erst revidiert werden, wenn es wieder gebraucht wird.

Genauso wichtig ist die Instandhaltung der gebrauchten Instrumente: Wissen alle Mitglieder, wie sie ihr Instrument pflegen sollen? Wäre ein Pflegekurs nötig? Wie oft sollte das Instrument ersetzt werden und wie oft sollte dieses in den Service?

Koffer als Blickfang

Beim Kauf eines neuen Instruments ist es wichtig, ein ansprechendes Instrument zu wählen. Ein passendes Instrument gibt es für jeden. Wir waren alle fasziniert von den Sondermodellen wie der Jupiter Wave Flöte, der Wolf Klarinette, der Taschentrompete und der Kompakttuba, die Frank Blaser uns gezeigt hat.

Besonders wichtig ist auch, dass der Koffer und die Tasche Blickfänger sind. Es ist viel «cooler», wenn man mit einer modernen Tasche in die Schule gehen kann als mit einem alten, verstaubten Koffer. Wer hätte gedacht, dass «die Saat» eine coole Tasche sein könnte?!

Bläserklassen fördern das gemeinsame Musizieren

Als nächstes ging es auch für uns in die Schule (leider ohne Instrumententasche). Michael Marending brachte uns die Bläserklasse näher. Für Kinder ist die Bläserklasse toll, um einen ersten Kontakt mit der Blasmusik herzustellen und die Freude am Musizieren zu wecken.

Die erste Hürde, die man dazu überwinden muss, ist der Start der Zusammenarbeit mit Schule und Musikschule. Hier helfen die vorgängig erwähnten, persönlich aufgebauten Beziehungen.

Kernbesetzung, Lehrmittel und Fazit

Auch Infrastruktur, Instrumente und Lehrmittel müssen zur Verfügung gestellt werden können. Zudem besteht die Herausforderung, dass für Brassband-Bläserklassen momentan noch keine Lehrmittel existieren. Erst wenn alles vorbereitet ist, kann man die Bläserklasse als «Angebot der Schule (AdS)» anbieten.

Wichtig ist dabei, dass kein Kind allein auf einem Instrument spielt. Zudem gibt es eine Kernbesetzung von Flöte, Posaune, Klarinette und Trompete. Damit sich genügend Kinder anmelden, müssen die Instrumente den Kindern spätestens im Januar vorgestellt werden.

BKMV-Kurs "Music for You(th)"
Michael Marending gab Einblick in den Aufbau einer Bläserklasse.

Wir haben über vieles diskutiert und konnten auch die Lehrmittel anschauen. Dabei haben wir festgestellt, dass «diese Saat» weder Musikschule noch Musikvereine ersetzen kann, da durch die verschiedenen Instrumente in der Klasse weniger schnell Fortschritte erzielt werden.

Vereinsthemen erfolgreich kommunizieren und bewerben

Am Nachmittag beschäftigen wir uns zusammen mit Simon Schütz mit dem Thema «Werbung und Kommunikation». Welche Erwartungen hättet ihr an diesen Kurs? Die Definition der Ziele des Musikvereins ist wahrscheinlich nicht der erste Punkt auf eurer Liste?

Simon wies uns jedoch auf die Wichtigkeit hin: Ohne Ziele können weder Massnahmen noch Ressourcen (Geld und Mitglieder) richtig eingesetzt werden, der Erfolg lässt sich nicht messen und Motivation sowie Effektivität sinken. Wie kann man etwas erreichen, wenn man das Ziel nicht kennt?

Einblick in den BKMV-Kurs «Music for You(th)»
In Gruppen wurden messbare Vereins-, Kommunikations- und Marketingziele erarbeitet.

Die Kommunikationskanäle kennen

Um Zielgruppen zu erreichen, muss man diese erst kennen. Braucht unsere Zielgruppe Facebook, Instagram, TikTok, LinkedIn oder YouTube? Welche anderen Kommunikationskanäle brauchen wir (Zeitung, Brief, Läden, Flyer, Bierdeckel, Newsletter etc.)?

Das Kommunikations-Herzstück jedes Musikvereins ist seine Webseite. Sie dient als Anlaufstelle für aktuelle Informationen und als Kontaktpunkt. Die Webseite sollte immer aktuell und ansprechend sein und zum Verein passen. Auch die Social-Media-Kanäle sollten verlinkt sein.

Klares Image, gleich klare Kommunikation

Doch was postet man nun auf der Webseite und Social Media? Damit man aktuelle Bilder hat, kann man beispielsweise jährlich professionelle Fotos machen lassen. Die Möglichkeiten sind endlos, doch sollte beachtet werden, dass die Qualität stimmt.

Hier helfen ein klares Corporate Design bzw. eine klare Corporate Identity, die anschliessend z.B. in Flyern umgesetzt werden: Ein gelungener Flyer fällt auf und verkörpert das Vereinsimage. Während des Kurses begutachteten wir verschiedene Flyer – deren non-verbaler Ausdruck hat uns beeindruckt. Dabei wurde klar, dass Musikvereine mit klarem Image einfacher in Szene gesetzt werden können.

Seine Zielgruppen kennen, um zu säen

Nebst dem Visuellen ist auch die Zielgruppe wichtig. Was will die Zielgruppe sehen, lesen, wissen? Ein Konzertprogramm ohne Datum bringt genauso wenig wie ein Flyer voller Fachwörter, die niemand versteht. Doch ein Flyer ist auch zwecklos, wenn er im Musikdepot verstaubt. Die Mitglieder sind die Botschafter des Vereins. Aktiviert eure Mitglieder und stellt ihnen «Kommunikationspäckli» mit passenden Bildern für Social-Media, Flyer usw. zur Verfügung!

Ein Verein besteht aus allen Mitgliedern. Damit alles gemacht werden kann, braucht es jedes Mitglied. Aktiviert eure Mitglieder und zeigt ihnen, wie sie «säen» können.

Natürlich haben wir noch viel mehr gelernt, diskutiert und gehört. Die «Noten und Instrumente» haben wir alle gepackt und mit uns in die Vereine getragen. Jetzt ist es an uns, eine Dirigentin, einen Dirigenten für die verschiedenen Themen zu finden, die Probezeit einzuplanen und unsere Leute zu motivieren. «Lasst uns gemeinsam spielen und zeigt uns, wie ihr sät!»

Nächster Workshop: «Mental stark beim Musizieren»

Habt ihr Lust bekommen, auch an einem Workshop teilzunehmen? Bald findet der nächste statt:

  • Thema: «Mental stark beim Musizieren»
  • Referenten: Armin Bachmann und Sebastian Rosenberg
  • Termin: 17.02.2024
  • Ort: Kaserne Bern
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