Innere Zufriedenheit im Verein

Porträt Peter Börlin
Liebe Leserin
Lieber Leser

Viele Vereine leiden an Mitgliederschwund, und die meistgenannte Ursache ist Corona. Ich kann es fast nicht mehr hören. Die Pandemie hat sicher Austritte ausgelöst, aber es erscheint mir zu einfach, ihr alles anzulasten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Musikanten einen super Verein verlassen, in dem sie ernstgenommen werden, in dem die Stimmung gut ist, die Kameradschaft gepflegt wird und die Mitglieder das Vereinsleben geniessen und zelebrieren.

Überall wird von Jugendförderung geredet. Sie ist sicher sehr wichtig, doch glaube ich, dass ein anderer Bereich vernachlässigt wird: Was tun wir, um Mitglieder zu halten, damit sie dem Verein treu bleiben und sich aktiv einbringen? Nach meiner Meinung wird der Mitgliedererhaltung zu wenig Beachtung geschenkt. Ich wünsche mir Workshops, Diskussionsrunden und Austausch in dieser Richtung. Jeder Verein muss hinterfragen, ob er allen seinen Mitgliedern gerecht wird und sie motivieren kann, oder wie er mehr dazu beitragen kann, dass möglichst alle Mitglieder sich mit ihm identifizieren.

Mir ist auch schon zu Ohren gekommen, dass Vereinsmitglieder, die dieses Thema angehen wollten, von ihren Präsidenten «abgeputzt» worden seien. Das «müssten sie sich nicht gefallen lassen», schliesslich seien sie freiwillig im Verein, und wenn es nicht mehr stimme, würden sie eben gehen.

Eine weitere Herausforderung sind die grossen Altersunterschiede. Mehrere Generationen arbeiten zusammen in einem Team, an denselben Zielen. Vielleicht wird unterschätzt, wie anspruchsvoll diese Situation ist. Vielleicht sollte man bewusst darauf eingehen. Ich wünsche mir, wieder vermehrt von gestandenen Mitgliedern zu hören, dass ihr Nachwuchs viel Schwung und neue Ideen ins Vereinsleben bringe, und von Jungen, die sagen, die älteren Mitglieder seien coole Typen, die viel Erfahrung haben, viel für den Verein geleistet und deshalb Respekt verdient haben.

Ich nenne dies die innere Zufriedenheit eines Vereins, und ich bin überzeugt, dass ein Verein seine positive Ausstrahlung so erfolgreich nach aussen tragen kann, wie sie gelebt wird. Sie überträgt sich auf das Publikum und löst auch von aussen ein positives Echo aus.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Nachwuchs- und Jugendförderung muss sehr intensiv betrieben werden – da sollen und dürfen wir nicht zurückstehen. Aber wir dürfen unsere Mitglieder nicht vergessen und müssen den Verein zusammen mit ihnen weiterentwickeln. Ein Verein ist keine Firma, und niemand macht mit, weil es für seinen Lebensunterhalt nötig ist. Alle sind freiwillig da, um mit anderen ein Hobby zu pflegen, und jede und jeder Einzelne ist dabei ein wichtiges Teammitglied.

Porträt Peter Börlin Foto: Hanspeter Thommen
Peter Börlin, Mitglied Verbandsleitung
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