Am 24. Juni fand in Bern der erste nationale Jugend- und Musiktag statt. Seminare für J+M-Leiterinnen und -Leiter, Momente des Austauschs und Auftritte junger Musikerinnen und Musiker prägten diesen schweizweiten Begegnungs- und Austauschanlass.
Die regionale Jugend Big Band der Musikschule Uster unter der Leitung von Dominik Burger begrüsste die J+M-Leiterinnen und -Leiter zu diesem ersten nationalen Treffen in der Eventfabrik der Hauptstadt. Giada Marsadri vom Bundesamt für Kultur (BAK) führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch den Tag und nutzte die Gelegenheit, einige Mitglieder der Band kurz zu interviewen.
Seit über zehn Jahren
Dem musikalischen Auftakt folgte ein kurzer offizieller Teil: Carine Bachmann, Direktorin des BAK, begrüsste die Anwesenden in vier Sprachen. Die nationale Tagung sei eine Gelegenheit, den mittlerweile über 1400 J+M-Leiterinnen und -Leitern zu danken, sagte sie. Das Programm wurde nach Verabschiedung von Artikel 67a über die musikalische Bildung in der Bundesverfassung im Jahr 2012 ins Leben gerufen; es wurde 2016 umgesetzt und hat sich seither kontinuierlich weiterentwickelt. Eines der Ziele des Programms ist es, allen Mädchen und Jungen in der Schweiz Zugang zu musikalischer Bildung zu ermöglichen, und es sind die Leiter und Leiterinnen, die dieses Ziel vor Ort umsetzen.
Anschliessend überbrachte Sandra Tinner, Geschäftsleiterin des Schweizer Musikrats, die Grüsse von Stefan Müller-Altermatt, Präsident der parlamentarischen Gruppe Musik, die sich für das Lobbying zugunsten der Musikszene einsetzt und als Bindeglied zwischen dieser und der Politik fungiert. Diese Beziehung ist sehr wichtig, damit die Forderungen der Akteure der Musikszene bei den Entscheidungsträgern ankommen. Sandra Tinner ist selbst Teil der Amateurmusikszene: Sie verliess die vom BAK organisierte Veranstaltung vorzeitig, um ein Konzert des Zupforchesters zu besuchen, in dem sie Mitglied ist (siehe «unisono» 05/2022).
Verschiedene Seminare
Die Anwesenden konnten vormittags und nachmittags je an einem Seminar ihrer Wahl teilnehmen. Die Angebotspalette reichte vom Thema «Physiologie der Musik», bei dem die Gesundheit von Musikern im Mittelpunkt stand, über «Vom Loop zum Beat», bei dem es um die Erstellung und Verwendung von Musikstücken ging, bis hin zu Angeboten wie «Body Percussion» und «Let’s Improvise!». Jeder konnte etwas nach seinem Geschmack finden oder sich von einem noch unbekannten Thema inspirieren lassen, und während die Seminare mehrheitlich in deutscher Sprache abgehalten wurden, mangelte es auch nicht an Angeboten in französischer und italienischer Sprache.
Beim Mittagessen hatten die J+M-Leiterinnen und -Leiter die Möglichkeit, altbekannte Gesichter wiederzusehen oder neue Bekanntschaften zu schliessen. Begleitet wurde dieser gesellige Teil vom Schweizer Orgelquartett der Regionalen Musikschule Burgdorf unter der Leitung von Heinz Kropf.
«Der J+M-Tag war für mich eine Motivationsspritze. Das spannende Programm liess zudem genügend Zeit für die Netzwerkpflege. Ich frage mich, wieso nicht aus jedem Blasmusikverein eine Person anwesend war: Wir profitieren noch viel zu wenig von J+M.»
Porträt Theo Martin, Präsident Schweizer Blasmusik-Dirigentenverband (BDV
Eine Hymne auf die Inklusion
Der letzte Programmpunkt war die Podiumsdiskussion «Jugend und Musik: Quo vadis?». Eingeleitet wurde diese durch einen Auftritt der Basler Band «Musik trotz allem», einer Musikgruppe von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, die mit Unterstützung von Musiklehrern Blues spielt. Dieses Ensemble, das am Nachmittag auch ein Seminar abhielt, erinnerte die Anwesenden daran, dass es bei der Verbesserung des Zugangs zur musikalischen Bildung nicht nur um die Jüngsten geht, sondern ebenso um einen Teil der Bevölkerung, der in dieser Hinsicht noch keine Chancengleichheit geniesst.
An der Podiumsdiskussion beteiligten sich Regula Frei, Vertreterin von Helvetiarockt; Susanna Scherler, Gymnasiallehrerin für Musik; Nicole Schafer, die im Bereich Chor und Chorleitung tätig ist; Philippe Krüttli, Präsident des Schweizerischen Musikschulverbandes und Luca Medici, Direktor der Musikhochschule der italienischen Schweiz.
«Ich habe die Workshops genossen und noch mehr die ungezwungenen Momente, die Gelegenheit für weitere Diskussionen boten. Ich schlage vor, dass jedes Schweizer (musikalische) Ausbildungsangebot als Modell des Wohlbefindens für alle verstanden wird.»
Porträt Elio Felice, Musikkommissionspräsident Febati
Quo vadis?
In einer ebenfalls von Giada Marsadri moderierten Gesprächsrunde wurden die Auswirkungen des Programms auf die Musikszene der Schweiz diskutiert. An Beiträgen der Teilnehmenden des Tages mangelte es nicht; es wurden verschiedene Themen angesprochen, wie die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die Musikausbildung, das Verhältnis zwischen Politik und den Bedürfnissen der Bevölkerung, die Ausbildung von Musiklehrkräften in der obligatorischen Schule, die Beteiligung der Kantone an der Umsetzung des Verfassungsartikels, die Notwendigkeit, mehr Freizeit für Musik zu schaffen und vieles mehr.
Diese erste nationale Tagung endete mit einem Apéro, der wiederum von der regionalen Jugend Big Band der Musikschule Uster musikalisch umrahmt wurde – ein passender geselliger und musikalischer Abschluss für diesen landesweiten Anlass.
«Ein Tag wie dieser ist eine einmalige Gelegenheit in der Schweiz: Man trifft sich mit Musikerinnen und Musikern aller Sparten, und das schafft wichtige Verbindungen. Wir sind alle in der gleichen Situation und es ist wichtig, dass wir gemeinsam vorwärts gehen.»
Philippe Monnerat, Chef Einsatz Kompetenzzentrum Militärmusik
Der Artikel wird online mit einem Interview mit Sandra Aerni Wyss, Co-Leiterin Geschäftsstelle «Jugend und Musik», fortgesetzt: