Musik, Mensch und Technologie stehen in einem dynamischen Wechselspiel, das sich im Zuge der Digitalisierung zu verändern scheint. Der Schweizer Musikrat (SMR) hat die von TA-SWISS finanzierte Teilstudie «Chancen, Risiken und potenzielle Wirkungen auf Musik und Gesellschaft» angestossen, um Anhaltspunkte dazu zu finden, wie das Schweizer Musikschaffen von der aktuellen digitalen Entwicklung betroffen ist und mit ihr umgeht.
Zu diesem Zweck wurden Musikschaffende – der Begriff umfasst in der vorliegenden Studie professionelle und Amateurmusizierende, Musiklehrpersonen sowie Personen, die in der Musikwirtschaft tätig sind – und im Musikbereich aktive Organisationen (Vereine, Clubs, Musikschulen etc.) zu ihrer Einschätzung der Digitalisierung befragt.
Die folgenden Fragestellungen standen im Vordergrund:
- Sehen die Musikschaffenden und Organisationen in der Digitalisierung eher Risiken oder eher Chancen?
- Welche Technologien nutzen sie und wie beurteilen sie diese?
- Wie wirkt die Digitalisierung auf die drei Prozesse Kreation, Distribution und
Rezeption? - Wie entwickelt sich das musikalische Leben und wie wird es künftig aussehen?
- Braucht es im Kontext der Digitalisierung Interventionen durch die Politik?
Umfragemethode
Die Befragungen wurden zwischen Mai und August 2023 mittels Online-Fragebogen durchgeführt, die ab Ende 2022 in Zusammenarbeit mit verschiedenen Expertinnen und Experten entwickelt worden waren. Insgesamt standen 1056 individuelle und 263 Organisationsfragebogen für die Auswertung zur Verfügung.
Die Befragten decken das Spektrum des Musikschaffens in der Schweiz breit ab, so dass aussagekräftige statistische Analysen möglich sind.
Zusammenfassung der wichtigsten Resultate
Chancen und Risiken
Die Mehrheit der Musikschaffenden und der Organisationen sehen in der Digitalisierung sowohl Chancen als auch Risiken für den Musikbereich. Über ein Viertel der Musikschaffenden und fast zwei Fünftel der Organisationen denken, dass die Chancen überwiegen, während jeweils weniger als 10 Prozent die Risiken hervorstreichen. Vereine und Verbände sind hinsichtlich der Chancen durch die Digitalisierung optimistischer als Firmen und öffentlich-rechtliche Organisationen oder Stiftungen.
Nutzung digitaler Technologien
Digitale Technologien werden von den befragten Musikschaffenden und Organisationen zwar breit angewendet, doch gibt es deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Arten von Hilfsmitteln: Digitale Instrumente, Konferenztools, Streaming-Anwendungen, Social Media oder Ticketing-Apps sind weit verbreitet, während BlockchainTechnologien, Metaverse oder Künstliche Intelligenz (KI) im engeren Sinne (z.B. zum Komponieren) bislang kaum verwendet werden.
Veränderungen infolge der Digitalisierung
Es zeigt sich, dass viele Tätigkeiten – etwa das Recherchieren von Noten oder das Aufnehmen von Musik – einfacher wurden. Es gibt allerdings auch einige Aktivitätsbereiche, in denen im Zuge der Digitalisierung grössere Schwierigkeiten festgestellt werden. Dies betrifft insbesondere den Verkauf von Tonträgern, die Wahrnehmung durch die Medien und die Einkommenssituation vieler Musikschaffender.
Zukunftsperspektiven
Bei verschiedenen Fragen sind sich die Musikschaffenden uneinig, ob die künftigen Entwicklungen positiv oder negativ einzustufen seien: So ist beispielsweise ein Drittel der Befragten der Auffassung, das musikalische Schaffen werde aufgrund der kommenden Veränderungen vielfältiger, während ein vergleichbarer Anteil vom Gegenteil überzeugt ist. Einheitlicher ist hingegen die positive Einschätzung hinsichtlich der Inklusion oder der Ablehnung der Aussage, dass es künftig nur noch einige wenige Topverdienende geben werde. Gleichzeitig glaubt eine Mehrheit, dass künftig immer weniger Kinder ein Instrument zu spielen lernen werden und dass die Zukunft der Amateurvereine eher düster sei.
Politische Interventionen
Angesichts der insgesamt positiven Einschätzung der Digitalisierung ist es nicht erstaunlich, dass nur ein knappes Viertel der Befragten der Ansicht ist, dass Politik, Berufsverbände oder andere politische Organisationen in die Digitalisierung eingreifen sollten. Über ein Drittel spricht sich explizit gegen Interventionen aus, während die übrigen Befragten keine Antwort auf die Frage gaben.
Trotz dieser Zurückhaltung wird insbesondere bei den Themen Urheberrecht, Daten- und Persönlichkeitsschutz sowie KI durchaus Handlungsbedarf identifiziert. Urheberrechtliche Fragen
werden dabei fast immer im Kontext einer fairen Vergütung erwähnt. Zudem wird oft auf die Notwendigkeit von Aufklärung, Ausbildung, Schulung und Beratung hingewiesen.
Wunsch nach Begleitung der Veränderungsprozesse und Bildung
Dies illustriert ein weiteres Resultat der Befragung: Trotz der erwähnten positiven Grundhaltung bezeichnet fast die Hälfte der befragten Musikschaffenden die Aussage «Die digitalen Technologien überfordern mich» als (eher) zutreffend.
Zugang zur Studie
Folgerungen und Handlungsfelder sowie die gesamte Studie inklusive Kurzfassungen in Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch können hier heruntergeladen werden:
Zum Download als PDF
>>runterscrollen bis «Downloads & Links», die Studie zur Musik befindet sich auf den Seiten 297–415
Zur Kurzfassung
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