Der letzte Tag von aVENTura startete mit Präsentationen rund um die Schweizer Blasmusikliteratur und gipfelte in Podiumsdiskussionen. Deren Themen waren die Wahrnehmung der Schweizer Blasmusik und ihre Literatur im Ausland sowie – im Talk mit drei Maestras – die Förderung von Dirigentinnen. Danach lud das Blasorchester der Jugendmusik Kreuzlingen zum Abschlusskonzert in die grosse Halle ein.
«Schweizer Komponisten haben in der Blasmusikliteratur deutliche Spuren hinterlassen», hält Robert Fink bei seinen Ausführungen zu den Internationalen Festlichen Musiktagen Uster (IFMU) fest. Das Festival fand von 1956 bis 2000 44 Mal statt. Initiiert wurde es vom damaligen Leiter Albert Häberling. 1989 folgte ihm Felix Hauswirth.
Schweizer Werke für Uster
Das Festival verfolgte das Ziel, zeitgemässe Blasmusikliteratur zu fördern. Dank den IFMU wagten Komponisten Neues und veränderten über die Jahre Tonsprache, Dauer und Besetzung. Später versuchte Felix Hauswirth, neue Schwerpunkte zu setzen – Werke mit Bläsern und solistischen Streichern oder szenische Werke entstanden. Diese Akzente wurden vor allem durch Schweizer Komponisten gesetzt.
27 Schweizer Komponisten schufen insgesamt 51 Werke für die IFMU. Davon sind heute noch 29 Kompositionen erhältlich. An aVENTura wurden Werke von sieben Komponisten gespielt, die auch in Uster gewirkt haben.
Wie das Schweizer Repertoire bekannter machen?
Anschliessend stellte Felix Hauswirth die bedeutendsten Schweizer Bläserwerke vor. Mehr Informationen dazu sowie die Werkliste werden im «unisono» 11/2023 veröffentlicht.
In der letzten Präsentation stellte Stéphane Delley swisswindrep.ch vor. Die Datenbank wurde im Rahmen des Jahrs der Schweizer Blasmusikliteratur geschaffen, um das ganze Repertoire weltweit zugänglich zu machen und Schweizer Werke zu fördern. «Die Datenbank enthält im Moment 2400 Titel und erfährt demnächst ein Update», so Delley.
Die Schweizer Blasmusik(literatur) im internationalen Vergleich
So lautete der Titel der darauffolgenden Podiumsdiskussion, an der Teilnehmer aus den USA sowie von Schweizer Nachbarländern die Wahrnehmung der Schweizer Blasmusik und ihrer Literatur im Ausland unter die Lupe nahmen. In der Diskussion fielen Statements wie diese: «Sobald man die italienischen Grenzregionen zur Schweiz verlässt, verblasst die Bekanntheit von Schweizer Werken rasch. Franco Cesarini ist jedoch in ganz Italien bekannt», sagt Lorenzo Della Fonte. Miguel Etchegoncelay richtet seinen Blick auf Frankreich: «Die 445 Konservatorien spielen eine grosse Rolle und können Werke in Europa bekannter machen. Zudem ist Oliver Waespi sehr bekannt.»
«In Deutschland wird viel mehr Schweizer als deutsche Literatur gespielt», so Franco Haenle. Und Hermann Pallhuber bestätigt: «Die Schweiz als kleines Land strahlt in Deutschland Wichtigkeit aus. Deutsche Dirigenten berücksichtigen bei Selbstwahlstücken oft Schweizer Werke.» Auch Österreich ist von der Schweiz beeinflusst, weiss Thomas Ludescher: «Viele Schweizer Studenten studieren am Konservatorium von Feldkirch, und ‹alles› vor dem Arlberg ist Schweiz-orientiert.» Leon Bly stellt fest: «Die Deutschen kennen und spielen ihre eigene Literatur nicht, die Schweizer hingegen schon.»
Diese Aussagen hat Felix Hauswirth zum folgenden positiven Fazit zusammengefasst: «Die Schweizer Blasmusik und ihre Literatur geniessen international einen guten Ruf.»
Maestras bewusst fördern
Nach dem Mittag trafen sich die drei Dirigentinnen Emilie Chabrol, Monika Schütz und Isabelle Gschwend zum Talk mit Stéphane Delley. Die drei Frauen dirigieren alle auch Musikvereine und sind in der Szene bekannt. Hauptthema war, wie man den Frauenanteil beim Dirigieren erhöhen und die Dirigentinnen sichtbarer machen könnte.
Einige Gedanken der Dirigentinnen: Emilie Chabrole schätzt die Betonung der Unterschiede zwischen Dirigentinnen und Dirigenten nicht: «Eine Frau muss nicht sensibler sein als ein Mann.» Monika Schütz unterstreicht: «Ich kenne Frauen, die sind wie Eis, und ich kenne auch sehr feinfühlige Männer.» «Es ist kein Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau vor dem Verein steht», findet Isabelle Gschwend.
«Trotzdem haben Frauen nach wie vor schlechtere Chancen, in einem höher klassierten Blasorchester eine Dirigierstelle zu finden», so Monika Schütz. Isabelle Gschwend hat selbst schon den Kürzeren gezogen, obschon sie besser qualifiziert war: «Sie haben mir gesagt, dass sie einen starken Mann brauchen, weil der strenger sei und somit den Verein besser führen könne.»
«Wenn es wenig Frauen gibt, müssen Männer umso mehr Türöffner sein, damit mehr Frauen dirigieren. Es ist wichtig, dass die Männer auch wollen, dass mehr Frauen dirigieren und sich dafür einsetzen», stellt Monika Schütz klar. «Wie soll man Netzwerken, wenn man praktisch allein ist?»