Gute Fotos und Videos werden heutzutage nicht nur für Zeitungen und Magazine benötigt, sondern vor allem auch für Social-Media- und Internetauftritte. Wie ein musikbegeisterter Junge aus der Schweiz zu einem Künstler wurde, der heute die Schweizer Blasmusikwelt mit seinen Fotos und Filmclips bereichert, davon handelt dieses Porträt. Es ist im Magazin «Brawoo» erschienen, verfasst von Kristin Thielemann.
Schon als Kind hatte der 1972 im Kanton Luzern geborene Roger Stöckli eine enge Verbindung zur Musik. Sein Vater Emil, Primarschullehrer, begeisterter Lokalreporter, nebenberuflicher Fotograf und Jazzfan mit einer beeindruckenden Sammlung von Louis-Armstrong- und Glenn-Miller-Platten, weckte früh das Interesse seines Sohnes am Musizieren.
Ein Kind der Blasmusik
Nach einem kurzen Intermezzo mit der Trompete entschied sich Roger schliesslich für die Posaune, die ihn fortan begleiten sollte. Nachdem er als Kind in verschiedenen regionalen und überregionalen Musikvereinen Posaune spielte, führte ihn sein Weg über die Militärmusik an die Musikhochschule Luzern, wo er erst bei Armin Bachmann, später bei Rolf Bodendorfer Bassposaune studierte.
Zunächst als Posaunenlehrer, Dirigent von Amateurorchestern und nach einer Weiterbildung ergänzend zur Lehr- und Dirigiertätigkeit auch als Musikschulleiter, schien Roger Stöckli seinen Platz in der Berufswelt gefunden zu haben.
Sein Weg zur Kamera
Als Roger Stöckli im Jahr 2018 mit der Organisation der Solothurner Jugend Brass Band betraut war, fiel in sein Ressort auch die Öffentlichkeitsarbeit und Social-Media-Präsenz dieses Projektorchesters. Mit seiner Handykamera unternahm der damals Mitte Vierzigjährige die ersten Schritte: Er filmte, fotografierte und veröffentlichte seine Ergebnisse in den sozialen Netzwerken.
Die durchweg positive Resonanz motivierte ihn, weiterzumachen, und mit dem Kauf von erstem professionellem Foto- und Videoequipment und dem ergänzenden Selbststudium der fotografischen und videotechnischen Grundlagen stieg er immer tiefer in die Materie ein.
Die Coronapandemie als Booster …
Die Corona-Pandemie und mit ihr der Ausfall von Instrumentenvorstellungen an den Musikschulen sowie dem Bedarf an Streamingveranstaltungen legte aus heutiger Sicht wohl den Grundstein für seine Karriere als Musikfotograf und Videokünstler. «Der Schulleiter der Nachbarmusikschule bat mich, die Instrumentenvorstellungen seines Teams zu filmen», erzählt der heute 52-Jährige, der sich in der Lockdownzeit mit Unterstützung eines professionellen Tonmeisters und zusätzlich im Selbststudium gleich noch die Grundlagen der Mikrofontechnik beibrachte.
Zu den Instrumentenvorstellungen folgten dann recht schnell Aufträge für Imagefilme aus verschiedensten Branchen. «Durch meine Kontakte und auch durch mein Vorwissen aus der Welt der Blasmusik bringe ich in diesem Bereich einen ganz besonderen Erfahrungsschatz mit, den viele andere Fotografen nicht bieten.»
… zu einer neuen Leidenschaft
So sprach sich das fotografische Talent des Profiposaunisten schnell herum. Wie viele Fotos er von Konzerten von Musikvereinen und auf Musikfesten gemacht hat, kann Stöckli nicht mehr genau sagen. Fakt ist aber, dass es im zweitgrössten Schweizer Kanton Bern wie auch in Solothurn wohl kaum einen Musikverein gibt, auf dessen Webseiten keine Fotos von Roger Stöckli zu finden sind.
«Häufig fotografiere ich auf kantonalen Musikfesten. Das ist immer eine ganz besondere Herausforderung, weil es so vieles gibt, was sich lohnt, abgelichtet zu werden, aber natürlich auch, weil diese Tage logistische Herausforderungen bieten.» So war Stöckli im Juli 2024 beispielsweise Eventfotograf auf dem Welt Jugendmusik Festival in Zürich, wo er vier Tage am Stück Kinder und Jugendliche aus aller Welt beim Musizieren mit seinen Kameras begleitet hat.
Szenen aus ungewöhnlichen Blickwinkeln
Dass Konzertbühnen für ihn schon als Musiker und Dirigent sein zweites Zuhause waren, kommt ihm dabei zugute: Für manche Fotos und Videoaufnahmen sieht man, wie Roger Stöckli über die Bühne schleicht und sich geschickt zwischen Instrumenten und Notenständern hindurchschlängelt.
Auch das Wissen um alle Prozesse beim Dirigieren oder Musizieren helfen ihm dabei, genau die Momente einzufangen, die berühren: «Die Menschen mögen es, wie es mir gelingt, die Emotionen der Musizierenden festzuhalten und auch Szenen aus ungewöhnlichen Blickwinkeln zu zeigen, die dem Publikum normalerweise verborgen bleiben», resümiert der Musiker, der sein Einkommen mittlerweile nicht mehr ausschliesslich als Musiklehrer und Musikschulleiter, sondern zu einem grossen Teil auch als freiberuflicher Musikeventfotograf und Videoartist verdient.
Dass professionelle Foto- und Filmtechnik aber durchaus genauso ins Geld gehen kann wie einige hochwertige Musikinstrumente, verrät Roger Stöckli nicht ganz freiwillig: Der überaus sympathische, aber auch bescheidene Schweizer überschlägt für Brawoo aber trotzdem kurz, dass der Wert seines Foto- und Videoequipments bereits im mittleren fünfstelligen Bereich liegt. «Es gehören eben nicht nur gute Kameras, Video- und Tontechnik dazu, sondern meist bringe ich auch gleich die Lichttechnik zu meinen Terminen mit!», verrät Stöckli.
Das Erfolgsgeheimnis
Gefragt nach seinem Erfolgsgeheimnis verweist der Schweizer auf eine Kombination aus Talent, harter Arbeit, guter Vorbereitung und ständiger Weiterentwicklung. Besonders wichtig ist ihm die Fähigkeit, bei Konzerten die Musikerinnen und Musiker nicht zu stören. «Alle wollen coole Bilder, und dafür musst du als Fotograf möglichst unsichtbar sein», lautet einer seiner wichtigsten Tipps.
Dass er trotzdem manchmal wiedererkannt wird, nimmt er mit einem Schmunzeln zur Kenntnis. «Als ich am 12. Juli 2024 im Zürcher Hallenstadion mit seinen über 5000 Plätzen bei der Eröffnungsfeier des Welt Jugendmusik Festivals über die Bühne schlich und den Trompeter Thomas Gansch fotografierte, der von der SWISS Band begleitet wurde, sprach mich dieser im Anschluss an das Konzert an. Er kannte mich noch von seinem Auftritt als Solist mit der Solothurner Jugend Brass Band. Über seine Wertschätzung meiner Arbeit habe ich mich natürlich extrem gefreut!»
Wissen weitergeben
Sein Wissen teilt Roger Stöckli seit Neuestem auch in Workshops, zum Beispiel für den Zürcher Blasmusikverband oder die Solothurner Musikschulen. Hier zeigt er, wie man mit dem Handy beeindruckende Fotos für Instagram und Facebook macht, auf die richtige Bildkomposition achtet und einfache Bildbearbeitung durchführt. «Hier kann man mit ein wenig Geschick extrem viel für eine gute Social-Media-Präsenz herausholen!»
Rogers Vater Emil, mittlerweile gesundheitlich stark angeschlagen ist, ist stolz darauf, dass sein Sohn seine Leidenschaft fürs Fotografieren weiterführt und es ihm gelungen ist, seine Leidenschaften Musik, Fotografie, Videokunst und Unterrichten in seinem Berufsleben zu vereinen und damit viele beeindruckende Momente aus dem Leben von Musikerinnen und Musikern festzuhalten.
Mehr Infos und ein Einblick in Roger Stöcklis Arbeit
Weitere Schnappschüsse
Tipps für Foto- und Videobegeisterte
Gefragt nach einem YouTube-Kanal, auf dem Foto- und Videobegeisterte Tipps rund um dieses Thema finden, verweist Roger Stöckli auf den deutschen Foto- und Videoartist Benjamin Jaworskyj, einen Künstler, der neben Video-Tutorials auf seinem YouTube-Kanal @BenjaminJaworskyj zahlreiche Fachbücher publiziert hat.