Vier Länder, 3500 Musikanten, ein Rekord

grosser Aufmarsch für den Weltrekord der Blasmusik auf dem Rheindamm
Der St. Galler Blasmusikverband hat einen Weltrekord: Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens hat der Verband am 25. August 2024 alle Musikantinnen und Musikanten des Kantons, des Fürstentums Liechtenstein, von Vorarlberg und aus dem süddeutschen Raum auf den Rheindamm bei Montlingen gerufen. Rund 3500 Uniformierte sind der Einladung gefolgt – und haben Schulter an Schulter für die Schaffung des «Weltrekords der Blasmusik» gesorgt.

Auf der Rheinbrücke zwischen Montlingen und Koblach (A) herrscht am besagten Sonntag kurz vor 15 Uhr Totenstille: Eine Delegation von über 100 Fähnrichen steht stramm, uniformiert und mit steinerner Miene in Reih und Glied, ihre Vereinsfahnen wehen im nur sehr zögernd abnehmenden Wind. Schon zur Mittagszeit haben sie sich auf der Brücke formiert, um gemeinsam mit Hunderten Schaulustigen den angesagten «Weltrekord der Blasmusik» zu bezeugen. Und genauso wie der Wind lässt auch der Regen langsam nach – Petrus scheint sich dem Unterfangen doch noch zu erbarmen.

Inmitten des Fahnenmeers setzt der Schweizer Komponist Christoph Walter mit seinem Dirigentenstab zum Vier-Viertel-Takt an. Seiner Handführung folgen nicht nur die Mitglieder der Musikgesellschaft Montlingen-Eichenwies und des Schützenmusikvereins Koblach, die sich gemeinsam auf der Brückenmitte in Konzertformation aufgestellt haben.

Christoph Walter mit erhobenen Händen beim Dirigieren Foto: Michael Kohler
Alle Dirigentinnen und Dirigenten waren per Kopfhörer mit dem musikalischen Leiter Christoph Walter verbunden.

Auch erheben rund 3500 Musikantinnen und Musikanten dies- und jenseits des Rheins zum Auftakt ihre Instrumente. Wie die Fähnriche stehen sie Schulter an Schulter auf dem Damm, ihren Blick auf ihre eigenen Dirigentinnen und Dirigenten gerichtet, die per Kopfhörer mit dem musikalischen Leiter auf der Brücke verbunden sind. Gemeinsam spielen sie einerseits den Marsch «Dir zum Gruss, Land Vorarlberg» und andererseits Walters Komposition «Harmonie der Blasmusik» – und lassen so den Weltrekord Realität werden.

Dezimiert, orchestriert, zelebriert

Für Roland Kohler ist es ein spezieller Moment, in dem Wochen und Monate der Vorbereitungen, des Hoffens und Bangens, der Aufopferung und der Unterstützung und nicht zuletzt der Zu- und spontanen Absagen gipfelt. Erst Stunden zuvor hat der Präsident des St. Galler Blasmusikverbandes (SGBV) und Initiant des Projekts gemeinsam mit dem Verbandsvorstand entschieden, den Anlass trotz unsicherer Wetterkapriolen definitiv durchzuführen, wenn auch mit einer zeitlichen Verschiebung von drei Stunden. Um 15 Uhr sind die Himmelsschleusen aber dicht, die Dirigentinnen und Musikanten bereit, die Drohnen in der Luft. Und auch die Technik funktioniert. Alles ist gut.

Roland Kohler beim Interview Foto: Michael Kohler
Roland Kohler, Präsident des SGBV und Initiant des Weltrekords, steht den Medien Red und Antwort.

Zwar hat das Vorhaben am Rheindamm weit nicht so viele Musikvereine mobilisieren können wie ursprünglich angedacht. Statt der im Frühling kommunizierten rund 8000 Musikantinnen und Musikanten fanden sich am Sonntag deren 3500 in Montlingen und Koblach ein. Kohler verweist auf das Wetter, schenkt den Zahlen aber vorerst wenig Beachtung. Vielmehr freut er sich ob den anwesenden Musikantinnen und Zivilisten, ob dem Weltrekord, der Tatsache werden kann, und ob der Botschaft, die das Unterfangen vermittelt.

Klare Botschaft zum Jubiläum

Die Idee dieses Weltrekords habe Kohler schon vor längerer Zeit geboren. Inspiriert von der Rhätischen Bahn, die im Oktober 2022 mit einem 1906 Meter langen Zug einen Weltrekord aufstellte, habe ihn dieser Gedanke nicht mehr losgelassen – besonders im Hinblick auf das 100-Jahr-Jubiläum, das in diesem Jahr nicht nur vom St. Galler, sondern auch vom Vorarlberger Blasmusikverband begangen wird. Kohler hat darum bei Christoph Walter eine Komposition in Auftrag gegeben, die beides kann: das Jubiläum des Verbands aufgreifen sowie mit seinem Rheinthema dereinst auch für den Weltrekord der Blasmusik gebraucht werden.

Mit dem Namen «Harmonie der Blasmusik» vermittelt diese Komposition ebenso wie das grenzübergreifende Unterfangen des Weltrekords auf der Rheinbrücke das verbindende Element der Blasmusik. Es ist eine klare Botschaft, die es laut Kohler in dieser Grössenordnung noch nie gegeben hat, und die beste Werbung sei «für unser Hobby, das wir so lieben».

Grosses Interesse – nicht nur medial

Zwei Testläufe waren nötig, um die Musizierenden und Dirigierenden miteinander abzustimmen, sie an die Technik zu gewöhnen und so ideale Voraussetzungen für eine reibungslose Durchführung zu schaffen, bevor es um 15 Uhr ernst galt und die beiden eingeprobten Werke nacheinander vorgetragen wurden. Einerseits entstand dadurch für die in grosser Zahl angereisten Medien, darunter das Schweizer Fernsehen SRF, der Österreichische Rundfunk ORF, verschiedene Radiosender und diverse Printmedien, ein Zeitfenster für die Sammlung von Bild-, Video- und Tonmaterial.

Kameramann von SRF, im Hintergrund Fahnendelegationen Foto: Michael Kohler
Das mediale Interesse beim Weltrekord der Blasmusik war gross.

Andererseits nutzten verschiedene Persönlichkeiten aus der Politik dieses Zeitfenster, um sich auf der Brücke selbst ein Bild von dem Vorhaben zu machen, allen voran die St. Galler Ständerätin Esther Friedli, die als «Gotti» aller Veranstaltungen im Jubiläumsjahr des SGBV amtet, sowie die St. Galler Regierungsrätin und Kulturministerin Laura Bucher mit ihrer gesamten Familie. Beide zeigten sich genauso beeindruckt wie Luana Menoud-Baldi, Präsidentin des Schweizer Blasmusikverbandes SBV, die ebenfalls zur Bezeugung des Weltrekords aus der Westschweiz nach Montlingen gereist ist.

Politikerinnen, SBV-Präsidentin Luana Menoud-Baldi (2.v.l.) und Christoph Walter Foto: Michael Kohler
Extra für den Weltrekord der Blasmusik angereist sind die St. Galler Ständerätin Esther Friedli, die SBV-Präsidentin Luana Menoud-Baldi, Komponist und Dirigent Christoph Walter und die St. Galler Regierungsrätin und Kulturministerin Laura Bucher (v.l.n.r.).

Und schliesslich nutzen auch viele Zaungäste an beiden Enden der Rheinbrücke und entlang des Rheindamms die Möglichkeit, ein Konzert einer Formation von wohl noch nie dagewesener Grösse zu geniessen.

Weltrekord der Blasmusik auf dem Rheindamm Foto: Beat Maglia
Nebst der grossen Anzahl Musizierender erleben auch zahlreiche Zaungäste das Spektakel beim Rheindamm.

Nicht nur die Erinnerung bleibt

Kurz nach 16 Uhr ist der Zauber vorbei. Der finale Durchgang der beiden Stücke ist geschafft, Veranstalter und Dirigenten sind zufrieden, die Bilder im Kasten. Der «Blasmusik-Weltrekord ist Tatsache», wird am nächsten Tag die «Rheintalische Volkszeitung» titeln. Mit einer Welle besiegeln alle Musizierenden zusammen den Weltrekord.

Welle von Musikanten Foto: Michael Kohler
Mit einer Welle wird der Weltrekord besiegelt.

Als Erinnerung an den besonderen Anlass winkt am Ende nicht nur für jede Musikantin und jeden Musikanten ein Tragebeutel mit der Aufschrift «Weltrekord der Blasmusik – Ich war dabei», sondern auch Videomaterial, das von den Mitarbeitern von «Alpenschauen» mit Drohnen aufgenommen und geschnitten wurde.

Zwei Musikanten von hinten, einer trägt den Souvenir-Beutel Foto: Michael Kohler
Ein Souvenir als Erinnerung für alle Musikantinnen und Musikanten.
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