Peter Schmid, Mitglied der Musikkommission (Muko) des Schweizer Blasmusikverbands (SBV), hat seine Demission eingereicht. «Unisono» hat ihn zum Abschlussinterview getroffen. Gemeinsam haben wir auf die Highlights seiner siebenjährigen Amtszeit zurückgeblickt. Und: Peter hat seine grosse Faszination verraten.
Peter Schmid, weshalb hast du dich entschieden, aus der SBV-Muko zurückzutreten?
Mir fehlt die Zeit. Einerseits möchte ich für meine Familie da sein – meine Frau und ich haben drei Kinder. Sie ist Berufsmusikerin, ich bin Geschäftsführer, und wir teilen uns die Kinderbetreuung. Deshalb war auch die Teilnahme an den alle zwei Monate an einem Freitag stattfindenden Muko-Sitzungen für mich nicht so flexibel möglich. Ich bin aber der Typ, der das, was er tut, richtig und mit Engagement tun möchte. Andererseits möchte ich zukünftig wieder mehr Energie in mein Geschäft und in die «Lucerne Music Edition» stecken, den Verlag, den ich zusammen mit Corsin Tuor führe.
Wenn du auf deine Arbeit in der Muko zurückblickst: Was hast du besonders geschätzt?
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen im Muko-Gremium war sehr wertschätzend. Als ausgebildeter Musikalienhändler konnte ich meine grosse Leidenschaft für die Musikliteratur einbringen. Mich interessiert dieses Spezialgebiet nicht nur berufsbedingt, sondern ich bin ein richtiger «Musiknoten-Freak»! Deshalb war die Zeit in der Muko sehr spannend für mich. Weiter hat mir die projektorientierte Arbeit in kleinen Teams gefallen.
Was wirst du vermissen?
Den direkten Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen in der Muko des SBV, den Kantonalverbänden und in anderen Gremien. Aber ich bin noch nicht ganz weg [schmunzelt].
Warum?
Ich arbeite noch im Projekt «MuFOrg EMF26» mit, der Musikfest-Organisation für das nächste Eidgenössische in Interlaken. Ich kümmere mich um die Abnahme der musikalischen Infrastruktur und Akustik vor Ort, die Einrichtung der Lokale für die Konzertvorträge und die Jury-Betreuung.
Was waren die Highlights deiner Muko-Zeit?
Ganz klar das Blasmusik-Festival aVENTura, das ich im Projektleitungsteam gemeinsam mit Felix Hauswirth als externen und Stéphane Delley als Muko-internen Partner mitgestalten durfte. In den drei Jahren Vorbereitung habe ich viele Leute kennengelernt und durfte schöne Unterprojekte führen.
An welches Unterprojekt denkst du?
An die Neuinstrumentationen der vierzehn Werke, die an aVENTura uraufgeführt worden sind. Die Arrangeure für die neu zu instrumentierenden Kompositionen haben wir in der Projektgruppe ausgewählt und ich habe sie kontaktiert, wie auch die verschiedenen Notenverlage. Das ermöglichte mir, die alte Literatur (neu) zu entdecken. Zum Beispiel das zeitgenössische Werk «Major Davel» des Schweizer Komponisten Jean Daetwyler, mit dessen Stiftung ich ebenfalls in Kontakt war.
Gibt es ein besonders prägendes Erlebnis?
Die Konzerte mit den Uraufführungen der neu instrumentierten und aufgelegten Werke an aVENTura waren sehr schön. Gefreut hat mich auch die Anerkennung der Schweizer Blasmusik und ihre Literatur durch die an aVENTura anwesenden ausländischen Dozenten und Experten. Sie zeigt, dass die Schweizer Blasmusikszene als qualitativ hochstehend, anspruchsvoll und selbstkritisch wahrgenommen und geschätzt wird.
Sandro Blank wird dein Nachfolger in der Muko. Was möchtest du ihm auf den Weg geben?
Sandro ist ein ausgewiesener Fachmann, ein sehr engagierter Top-Dirigent der nächsten Generation. Ich bin sicher, dass er seine natürliche Bodenhaftung behalten und dieses anspruchsvolle Amt mit viel Freude ausüben wird und sich ihm dabei spannende Möglichkeiten eröffnen werden. Zudem freut es mich, dass die Innerschweiz weiter in der SBV-Muko vertreten ist.
Wie sieht deine musikalische Zukunft aus?
Ich dirigiere die Harmoniemusik Helvetia Horgen ZH, werde weiterhin mit Freude Wettbewerbe jurieren und ein interessierter Beobachter der Szene bleiben.
Was wird sich in deinem Alltag verändern?
Ich werde mich weiter mit viel Herzblut meinem notencafé widmen und meiner Frau den Rücken frei halten, denn sie ist die eigentliche Musikerin: Sie unterrichtet Geige und ist Orchestermusikerin.
Tipp für Musikkommissionen
Peter Schmid teilt sein grosses Fachwissen gerne! Musikkommissionen sind eingeladen, ihre Sitzungen direkt im notencafé Luzern abzuhalten (auch abends möglich), um dabei nicht nur gut beraten zu sein, sondern auch gleich alle Neuheiten ansehen und anhören zu können.
Wo siehst du die Chancen und Gefahren der Blasmusikszene?
Die rückläufigen Schülerzahlen werden unsere grosse Herausforderung bleiben. Die Auswirkungen werden erst in den nächsten sieben bis zehn Jahren so richtig sichtbar werden. Die Blasmusik bleibt ein anstrengendes Hobby, aber sie bietet auch Chancen: Wenn wir Musik aus Freude an der Musik machen, wird sie unsere Gesellschaft auch in Zukunft bereichern.
Gab es etwas, das du im SBV nicht umsetzen konntest?
Ja, die ursprüngliche Idee von Armin Bachmann, ein Blasorchester des SBV für Repräsentationszwecke zu formieren, das zivil, eventuell sogar ohne Uniform auftritt – bestehend aus Studierenden, Amateurinnen und Profis. Ich finde ich es bedenklich, dass man heute z. B. Klarinette studieren kann, ohne jemals in einem Blasmusikverein mitgespielt zu haben. Mit Praktika in Blasorchestern und Werbeaktionen in der Öffentlichkeit könnte entgegengewirkt werden. Zudem muss die Zusammenarbeit zwischen Musikschule und Musikverein zwingend gefördert werden.
Was wünschst du dir für die Zukunft des SBV?
Dass die Gemeinschaft im Verein noch mehr als grosse Stärke anerkannt, gelebt und vor allem auch genutzt wird. Das gemeinsame Musizieren ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber anderen Instrumenten und Hobbys. Weiter hoffe ich, dass die Verbandsfinanzen durch Sponsoren und Stiftungen gesichert werden können, damit wir in Zukunft mehr Geld in Marketingtätigkeiten bzw. Imagekampagnen investieren können. Auch das politische Lobbying scheint mir sehr zentral zu sein.
Peter Schmid: musikalisch – beruflich – persönlich
Musikalisch
- wollte ursprünglich Klarinette lernen, aber es gab zu diesem Zeitpunkt keinen Klarinettenlehrer mehr in Luthern
- lernte dann Cornet, wechselte später aufs Es-Horn und wurde in der Brassband-Szene gross
- sein erster grosser Förderer war Paul Gygli
- hat Blasmusikdirektion bei Ludwig Wicki, Franz Schaffner und Josef Gnos studiert
- Ausbildung zum internationalen Juror an der Hochschule für Musik in Trossingen (DE)
- hat verschiedene Vereine (Harmonie und Brass Band) im In- und Ausland dirigiert, z. B. die älteste Brass Band Deutschlands, die Brass Band Oberschwaben-Allgäu.
Beruflich
- Ausbildung zum Musikalienhändler (wie Buchhändler) bei Musik Hug
- Gründung des notencafé Luzern im Jahr 2005
- feiert 2025 das 20. Jubiläum seiner Musikalienhandlung mit Café – zu 98 Prozent ein Notenladen für die Profimusikerin, den Musikschüler, die Musiklehrperson wie den Blasmusikdirigenten
Persönlich
- die Familie ist ihm sehr wichtig, er ist in Luthern LU zusammen mit 8 Geschwistern aufgewachsen
- ist verheiratet mit Judith, einer Berufsmusikerin
- gemeinsam haben sie 3 Kinder: Felix (11), Anna (9) und Paula (6)
- mag den sportlichen Ausgleich beim Joggen und Wandern
- zelebriert Fussball als Familien-Hobby
- ist grosser FCL-Fan – er hat von seinen Geschwistern zum 50. Geburtstag Geld für ein Saison-Abo erhalten